Erzgabg Lichtbringer

Erzgang Lichtbringer

Der Erzgang Lichtbringer im Nordschwarzwald erstreckt sich auf einer Länge von etwa 700 Metern und ist schon vor langer Zeit in Vergessenheit geraten. In Literatur und Netz finden sich nur sehr spärliche Informationen. Und das, obwohl er zu einem wichtigen Abbaugebiet des Brauneisenstein gehörte. Bereits Anfang bis Mitte des 19. Jahrhunderts förderten die Bergmänner hier circa 24.000 Kübel Brauneisenstein, Manganerz und Schwerspat. Dies entspricht einem Gewicht von etwa 3.000 Tonnen.

Bei der Recherche zu einer anderen Grube wurden wir auf den Erzgang aufmerksam und verfolgten somit seine Spur. Da die bekannten Quellen keine aussagekräftigen Informationen bereithielten, blieb nur die manuelle Suche auf Geokarten und die anschließende Geländebegehung vor Ort.

Die Kartenrecherche brachte schnell vielversprechende Suchansätze, an denen wir vor Ort ansetzen konnten. Im Gelände offenbarte sich eine enorme Pingenreihe die unweigerlich auf bergmännische Aktivitäten schließen ließ. Wie eine Perlenkette reihen sich die Pingen auf fast 500 Metern aneinander. Am westlichen Ende der Pingenreihe ließ sich ein Hohlweg mit anschließender Halde erkennen. Nun war klar, dass wir auf der richtigen Spur sind.

[Bodenscan]

Die Halde

Punkt 1 zeigt die Halde, auf der das taube Gestein abgekippt und eingeebnet wurde. Die nordsüdliche Ausdehnung beträgt etwa 33 Meter und die Ost West Ausdehnung 25 Meter.

Der Hohlweg

Punkt 2 veranschaulicht den zum ehemaligen Mundloch verlaufenden Hohlweg. Dieser misst eine Länge von 45 Meter. Nach circa 30 Metern knickt der Hohlweg um 125° ab und läuft direkt auf den Erzgang zu.

Das Mundloch

Punkt 3 markiert die Stelle, an der sich einst das Mundloch befunden haben muss. Von diesem hat nichts die Zeit überdauert. Es ist auch möglich, dass an dieser Stelle ein Holzausbau stand und das Mundloch wenige Meter vorgezogen war.

Die Pingenreihe

Punkt 4 stellt die erste große Pinge dar. Ab dieser reiht sich Pingentrichter an Pingentrichter. Einige erreichen gut und gerne eine Tiefe von 5 Meter. Um die Pingentrichter herum ist der abgelagerte Aushub zu erkennen. Nur wenige Meter nördlich der Pingenreihe verläuft ein alter Bergbaupfad (Punkt 8). Über diesen Pfad erreichten die Bergmänner ihre Schürfstellen und konnten die gewonnenen Erze abtransportieren.

Die imposante Pingenreihe entstand bereits ab 1807 und diente dem Abbau von Brauneisenstein, Manganerz und Schwerspat. Oberflächennahe Ausbisse der Lagerstätte wurden von den Bergmännern mit einfachen Werkzeugen abgebaut. Dabei reichten zumeist Hacken, Schaufeln und Eimer. Die Schürfstelle wurde so tief gegraben wie möglich. Taubes Gestein kippte man direkt neben die Schürfstellen oder in eine danebenliegende aufgegebene Schürfstelle. Umso tiefer die Männer gruben, desto instabiler gestalteten sich die Seitenwände der Grube. Durch Regen lösten sich die Wände und Wasser sammelte sich in den Schürfstellen. Schließlich lohnte sich der Aufwand nicht mehr, um an das Erz zu gelangen und die Schürfstelle musste aufgegeben werden. Nun begann der gleiche Vorgang wenige Meter weiter. Eine neue Schürfstelle auf den Erzgang wurde angelegt und das taube Gestein in die vorher aufgegebene Schürfstelle geworfen. Dieser Vorgang wiederholte sich dann bis zum Ende des Erzgangs.

Nachdem die oberflächennahen Erze abgebaut waren, blieb nur die Möglichkeit des untertägigen Abbaus. Im Fall des Erzgangs Lichtbringer war die naheliegendste Lösung einen Stollen unter der Pingenreihe vorzutreiben. So war es möglich die Lagerstätte weiter abzubauen. Die Bergmänner wählten dafür die Stelle bei Punkt 3 auf der obigen Darstellung aus und fuhren von dort die Lagerstätte an.

Weitere Stollen

Die Punkte 5 und 6 markieren kleinere Suchstollen, die wir entdeckten. Im Gelände waren diese für den normalen Betrachter so gut wie nicht erkennbar. Punkt 5 zeigte sich allein durch einen punktuellen Wetterzug. Dieser zog aus einer Öffnung nicht viel größer als ein Mausloch. Der Wetterzug wirbelte immer wieder kleineres Laub auf und machte so auf sich aufmerksam.

An dieser Stelle fanden Prospektionsarbeiten in geringen Ausmaßen statt. Der Stollen ist heute zwar teilverbrochen, bietet aber Unterschlupf für zahlreiche Insekten. Wir schätzen die Stollenlänge auf etwa 25 Meter, wovon der größte Teil nicht mehr standfest ist.

Ein weiterer Prospektionsstollen bei Punkt 6 ist im Eingangsbereich komplett verbrochen und absolut nicht standfest. Die Prospektionsarbeiten können hier nur wenige Meter vorangetrieben worden sein. Es ist zwar eine Halde vor dem Stollenansatz zu erkennen, aber diese ist so klein, dass sie fast nicht als solche wahrnehmbar ist.

Der wiederentdeckte Stollen

Die grüne Linie kennzeichnet den uns bekannten Stollenverlauf von etwa 130 Meter. Dieser reicht bis zur ersten Pinge bei Punkt 4, was sich erst einmal nicht viel anhört. Doch birgt jeder Stollenabschnitt einen perfekten Einblick in das Geschehen unter Tage zu verschiedenen Zeitepochen.

Wie zu Anfang beschrieben, führt der am westlichen Ende gelegene Hohlgang direkt auf das ehemalige Mundloch zu. Im Laufe der Jahre sorgte allerdings Erderosion dafür, dass sich der Mundlochbereich mit Erde und Gestein zusetzte. Innerhalb kurzer Zeit war es möglich einige Steine und loses Erdreich beiseite zu schaffen. Langsam entstand ein kleiner Durchschlupf, welcher schnell in ein relativ großes Stollenprofil führte.

Auf den ersten Metern sind Teile der Firste runtergebrochen. In diesem etwa 4 Meter langem Teilstück liegt ein Schuttkegel aus Erdreich und Gestein. Direkt hinter dem Schuttkegel geht der Stollen in standfestes Gestein über. Der Bereich vom Mundloch bis zum festen Fels war zur Betriebszeit mit hölzernen Türstöcken ausgebaut. Im Laufe der Zeit sind diese verrottet, konnten dem Druck nicht mehr standhalten und brachen zusammen. Am Ende des Schuttkegels ist eine relativ mächtige Kappe eines Türstocks zuerkennen.

Richten wir nun den Blick ins Stolleninnere. Aus der Ferne sind einige Hölzer zu erkennen, welche wie Mikadostäbchen im Stollen liegen. Dieses Teilstück wurde ebenfalls mittels Türstöcke ausgebaut. Allerdings befanden sich dazwischen immer wieder Kappen, welche in den Stößen eingebühnt waren. Vor den Hölzern liegt ein Hunt im Wasser. Aus der Ferne sah dieser aus wie eine Kiste oder Ähnliches. Wir hätten nicht erwartet hier einen Hunt zu finden, daher war die Freude umso größer. Mir persönlich ist kein weiteres Modell in dieser Region bekannt. Bei der nächsten Gelegenheit werden wir diesen etwas genauer unter die Lupe nehmen und vermessen.

Vorbei am Hunt galt es vorsichtig über die Hölzer zu steigen und weiter Richtung Gesenk vorzudringen. Das Gesenk war das einzig vorab bekannte aus dem Stollen. Hier findet sich in anderer Literatur ein Bild aus den 80er-Jahren. In den letzten Jahrzehnten hat sich dann doch einiges geändert. In dem alten Bild sind deutlich mehr senkrechte Holzelemente und Holzgitter sichtbar. Ebenso der Türrahmen zum Gesenk ist noch vorhanden und das Wasser stand zu der Zeit nicht so hoch wie zu unserem Besuch.

Links im Gesenk befand sich der Fahrtenschacht und der größere Bereich rechts diente der Förderung mittels Kübel. Über den mächtigen Hölzern des Gesenks befindet sich ein Doppel-T-Träger. Leider verdecken die Hölzer diesen. Wie tief das Gesenk ist, können wir leider nicht sagen. Wir hoffen dies aber in Zukunft messen zu können. Wir vermuten dort unten keine weitere Sohle. Das Gesenk diente allein der Prospektierung des Erzgangs und sollte die Frage klären, ob er an Mächtigkeit zunimmt und abbauwürdig ist. Hätte man in größere Teufen abbauwürdige Lager gefunden, wäre der Grubenbetrieb ausgebaut und intensiviert worden. Da dies nicht der Fall ist, kann man davon ausgehen, dass keine nennenswerten Vorkommen gefunden wurden.

Nur wenige Meter hinter dem Gesenk stand der Abteufkübel, welchen man mittels Haspel in das Gesenk abließ. Die Bergmänner füllten diesen von Hand mit Aushub. Per Haspel zogen sie den vollen Kübel wieder nach oben. Entleerten ihn in den Hunt und fuhren das Material auf die Halde bei Punkt 1. Wir konnten eine Stelle identifizieren, an der die Haspel stand. Nach Einstellung der Prospektionsarbeiten baute man die Gleise zurück und nahm ebenfalls die Haspel mit. Wir fanden an einzelnen Kappen der Türstöcke kleine Isolatoren, daher kann man davon ausgehen, dass die Grube in dieser Zeit elektrifiziert war. Dies höchstwahrscheinlich nur im Rahmen einer Beleuchtung. Bei den Arbeiten kam ebenso Druckluft zum Einsatz. Der Druckluftbehälter liegt heute wie zum Abtransport bereit mitten im Stollen.

Übergang der zeitlichen Epochen

Die zeitliche Epoche der modernen Prospektionsarbeiten endet am Übergang zum historischen Bergbau. Das Stollenprofil verringert sich an dieser Stelle um ein Vielfaches. Spätestens an dieser Stelle wird klar, dass das alte Stollenprofil für die Prospektion nachgerissen wurde. Im anschließenden Stollen ist es nicht mehr möglich, aufrecht zu stehen. Wir konnten uns lediglich in der Hocke weiterbewegen. Der Stollen endet an einem Verbruch. In diesem Bereich wurde Sand und Geröll eingespült. Wir gehen davon aus, dass wir uns hier am markierten Bereich Punkt 4 auf der Karte befinden.

Wo endet der Stollen?

Verbinden wir rein theoretisch das Stollenmundloch (Punkt 3), Punkt 4 und Punkt 8 mit einer Geraden, könnte ein so verlaufender Stollen die Pingenreihe leicht versetzt unterfahren und die Lagerstätte unterhalb der Schürfe angefahren haben.

Ob es womöglich am Ende des Stollens weitergeht, können wir nicht abschließend sagen. Die Gegebenheiten legen allerdings nah, dass der Stollen an dieser Stelle weiter ins Berginnere verlief.

Der Erzgang Lichtbringer birgt also noch ein paar Geheimnisse. Wir hoffen in nächster Zeit noch etwas Licht ins Dunkle bringen zu können.

Album „Erzgang Lichtbringer“ erstellt am 17.01.2021 von Trümmer Lümmler

Stollen lichtbringer von Punkt 3

Prospektionsstollen von Punkt 5

Im Gelände

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Archiv Familie Heusch in BW
Archiv Familie Heusch in BW
4 Monate zuvor

An den Fuchslöchern xxx, an deren unteren Ende, befindet sich vermutlich auch ein Stollen. Erkennbar am kalten Luftzug. Dürfte nahezu 800 Jahre alt sein. Pingen gibt es ausserdem in xxx bei xxx, sowie eine Belehnung aus dem 14. jahrhundert in xxx. Pingen konnte ich noch keine entdecken.

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Trümmer Lümmler

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